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Wie Nachhaltigkeit auf die Agenda von Unternehmen kam

Dr. Marcel Trachsel, Gründer und Partner, und Emanuel Schmid, Junior Berater



Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) sind heute stärker en vogue denn je. Seit vielen Jahren beraten wir Unternehmen in diesen Themenbereichen. Doch wie haben sich das Verhalten und die unternehmerische Verantwortung in den vergangenen Jahrzehnten verändert? Was waren entscheidende Meilensteine? Und welche Bedeutung hat die Berichterstattung?


Von der vollständigen Ignoranz …


Werfen wir einen Blick auf den historischen Kontext: Bis in die 1960er-Jahren war Umweltschutz noch kein Thema bei den Unternehmen. Die Kamine rauchten, Abfälle wurden in die Flüsse geleitet oder in Gruben deponiert. Typische Lösungen anno dazumal bestanden etwa darin, Abwässer der chemischen Industrie in Basel mitten in den Rhein zu führen statt sie einfach am Rand einzuleiten. Dadurch wurden sie besser und rascher verdünnt: Ein echter Fortschritt, wie man damals fand.


… über den Umweltschutz …


Eine steigende Zahl offensichtlicher Umweltschäden sowie das 1962 erschienene Buch «Der stumme Frühling» von Rachel Carson und der Bericht des Club of Rome «Grenzen des Wachstums» aus dem Jahr 1972 weckten die Sorge um die Endlichkeit der Ressourcen und das Bewusstsein für den Umweltschutz.


Es dauerte allerdings noch bis 1983, bis die Schweiz ihr erstes Umweltgesetz verabschiedete. Dennoch gehörte sie im Bereich des Umweltschutzes zu den führenden Nationen. Im Vergleich: Die Millionenstadt Brüssel wartete bis ins Jahr 2007 auf ihre erste Abwasserreinigungsanlage und liess bis zu diesem Zeitpunkt den Löwenanteil ihres Abwassers über die Flüsse ins Meer fliessen. Die Katastrophen von Bhopal und Tschernobyl sowie der schwere Unfall in Schweizerhalle, die alle 1986 geschahen, sorgten zusammen mit dem vorausgesagten Waldsterben für ein weiteres grösseres Umdenken und eine Verstärkung der Umweltschutzgesetze und -bemühungen. Die Industrieunternehmen begannen Ende der 1980er-Jahre und Anfang der 1990er-Jahre, über ihre Leistungen im Umweltschutz in entsprechenden Publikationen öffentlich Rechenschaft abzulegen.


… zur Nachhaltigkeit


Im Jahr 1987 erschien der im Auftrag der UNO verfasste Brundtland-Bericht, der das Konzept der nachhaltigen Entwicklung beschrieb. Stammte der Begriff der Nachhaltigkeit ursprünglich aus der Forstwirtschaft, definierte ihn die Brundtland-Kommission neu als «dauerhafte Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können». Dies schaffte eine neue, gesamtheitlichere Basis für die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Der mit Corporate Social Responsibility – kurz CSR – umschriebene Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung umfasste neben dem Umweltschutz nun auch soziale und wirtschaftliche Aspekte. In den letzten Jahren etablierte sich dazu mit ESG ein neuer Begriff: Environment – Social – Governance, das Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung.


17 Nachhaltigkeitsziele der UNO

17 Nachhaltigkeitsziele der UNO


2015 verabschiedete die UNO die Agenda 2030 mit ihren 17 universellen Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG). Sie sollen bis 2030 von allen Mitgliedstaaten erreicht werden. Die Staaten sind aufgefordert, die drängenden Herausforderungen der Welt unter Beachtung des Drei-Säulen-Modells der nachhaltigen Entwicklung anzugehen.


CSR- und ESG-Berichterstattung: vom «Nice-to-have» zum «Need-to-have»


Viele Unternehmen begannen in der letzten Dekade des vorherigen Jahrtausends, über ihre Leistungen im Umweltschutz in entsprechenden Publikationen öffentlich Rechenschaft abzulegen. Mit dem Übergang zu nachhaltiger Entwicklung und CSR weitete sich die Berichterstattung aus: Der reine Umweltbericht hatte ausgedient, neu publizierte man Nachhaltigkeitsberichte. Seit dem Jahr 2000 setzen Organisationen wie die Global Reporting Initiative (GRI) weltweite Standards für die Erstellung von CSR- und ESG-Nachhaltigkeitsberichten. Diese Richtlinien sollen die nachhaltige Entwicklung weltweit unterstützen und vergleichbare Entscheidungs- und Orientierungshilfen bieten. Durch das Festschreiben bestimmter Kennzahlen und Indikatoren wird die Vergleichbarkeit der Berichte erhöht.


Obwohl die Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterhin freiwillig ist, empfiehlt sich ein transparenter Leistungsausweis mit steigender Dringlichkeit. Denn dieser ist ein wichtiger Teil des Reputationsmanagements und wird mittlerweile von vielen Anspruchsgruppen – Aktionären, Investoren, Kreditgebern, Versicherern, Behörden und der Öffentlichkeit – als Grundlage für die Beurteilung von Unternehmen benutzt. Ein guter Grund, frühzeitig – und gegebenenfalls unter Beizug von externem Know-how – eine auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmte Strategie für die Nachhaltigkeitskommunikation festzulegen.

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